Burnout am Arbeitsplatz in Frankreich: Prävention statt Reaktion
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Kurze Arbeitstage und lange Mittagspausen? Wer in Frankreich gearbeitet hat, weiß, dass abseits der Klischees auch dort Stress kein Fremdwort ist. Damit Sie die Burnout-Falle in Frankreich vermeiden und bei Bedarf die passende Hilfe erhalten, fassen wir hier die letzten Erkenntnisse und Entwicklungen zusammen.
2. Burnout oder "nur" Erschöpfung?
3. Rechte für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Frankreich bei Burnout
Laut einer Studie von Empreinte Humaine aus dem Jahr 2023 befinden sich ganze 17 % der französischen Arbeitnehmer in einem Zustand des schweren Burnouts, gekennzeichnet durch Symptome wie Schlaflosigkeit, chronische Müdigkeit und Konzentrationsmangel.
Besonders betroffen sind Berufe in den Bereichen wie Projektmanagement, Bildungswesen, Qualitätskontrolle, Sozialarbeit sowie Pflege und Betreuung.
Die ansteigende Tendenz belegt auch der Anstieg der vermerkten Krankschreibungen, der 2023 einen neuen Höchststand erreichte: Durchschnittlich meldete sich jeder Arbeitnehmer 15,1 Tage krank, vier Tage mehr als 2021.
Besonders auffällig ist der Anstieg im ersten Halbjahr 2024, in dem die Beschäftigten durchschnittlich 9,6 Tage krankgemeldet waren, im Vergleich zu 7,9 Tagen im ersten Halbjahr 2020. Dieser Anstieg wird unter anderem auf häufigere psychische Erkrankungen zurückgeführt.
Haben Sie sich schon mal gefährlich nah am Burnout gefühlt? Laut Statista haben 50 % aller Deutschen und 51 % aller Franzosen diese Frage mit "Ja" geantwortet (Stand 2024).
Doch wie die oben aufgeführten Studien belegen, leiden nachweislich rund 15 % der Arbeitnehmer an Burnout. Mit anderen Worten kann man von einer Tendenz sprechen, die eigentliche Krankheit zu unterschätzen.
Wie viele mentale Krankheiten kämpft auch der Burnout seit jeher gegen Stigmatisierung und um seine Anerkennung. Der wirkliche Burnout, also das Syndrom des beruflichen Ausbrennens, ist ein Zustand körperlicher und psychischer Erschöpfung, der häufig durch langanhaltenden Stress am Arbeitsplatz entsteht.
Burnout äußert sich sowohl mental als auch körperlich durch Symptome wie:
- extreme Müdigkeit
- Reizbarkeit
- Konzentrationsprobleme
- Schlafstörungen
- Aggressivität
- Kopfschmerzen
- Magenschmerzen
- Atembeschwerden
Wenn solche Symptome anhalten, kann man nicht mehr lediglich von Erschöpfung sprechen.
Die häufigsten Gründe für Burnout sind:
- der Verlust des Sinns der Arbeit
- fehlende Anerkennung
- permanente Erreichbarkeit durch digitale Technologien
- Mangel an Autonomie
- Kontrolle über die eigenen Arbeitsbedingungen
Die leitenden Arbeitskräfte (cadre) in Frankreich scheinen besonders betroffen und entsprechen einem Großteil der 51 % Betroffenen unter den Befragten.
Hinter den flexiblen Arbeitszeiten kann sich für diese Angestellten das Problem von ständiger Verfügbarkeit und ständigem Druck verbergen. Firmen müssen diese Risiken kennen und aktiv dagegen vorgehen.
Arbeitgeber sind gegenüber der Burnout Problematik in der Pflicht, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Sowohl das deutsche Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) als auch das französische Arbeitsgesetzbuch verpflichten Unternehmen dazu, die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen.
Regelmäßige Mitarbeitergespräche, Schulungen zum Umgang mit Stress und eine realistische Planung von Arbeitszeit und Zielen können helfen, Burnout vorzubeugen.
In einem deutsch-französischen Kontext ist es besonders wichtig, kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen, etwa bei der Erwartung an die Erreichbarkeit oder den Umgang mit Überstunden.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Regulierung der digitalen Erreichbarkeit. Frankreich hat mit dem "Recht auf Abschalten" (droit à la déconnexion) einen klaren Schritt gemacht, um die Erholung der Mitarbeitenden zu fördern.
Arbeitnehmer*innen, die sich in einer Burnout-Situation befinden, sollten zunächst ihren Gesundheitszustand klären, indem sie einen Arzt konsultieren. Dieser kann die Symptome bewerten, die Ursachen identifizieren und gegebenenfalls eine Krankschreibung ausstellen. Doch es reicht nicht aus, nur medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Beschäftigte sollten auch aktiv werden, um ihre Situation zu verbessern und ihre Rechte zu schützen.
Ein erster Schritt ist die Kommunikation mit dem Arbeitgeber: Mitarbeiter sollten ihre Situation offen mit Vorgesetzten, der Personalabteilung oder den zuständigen Interessenvertretungen wie dem Betriebsrat oder dem Comité social et économique (CSE) besprechen.
Auch der Kontakt mit der Arbeitsmedizin oder Gewerkschaften kann helfen, geeignete Maßnahmen einzuleiten.
In Frankreich, wie auch in Deutschland, besteht die Möglichkeit, Burnout als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. Dies erfordert den Nachweis, dass die Erkrankung direkt und ausschließlich mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängt.
Besonders in Frankreich hat die Gesetzgebung mit der sogenannten Loi Rebsamen von 2015 Fortschritte gemacht - unter bestimmten Umständen - psychische Erkrankungen als Berufskrankheiten anzuerkennen.
Arbeitnehmer können Entschädigungen und Leistungen wie Krankengeld oder eine Rente beantragen, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen der Arbeit und der Erkrankung nachgewiesen wird.
Auch rechtliche Schritte sind möglich: Sollten die Belastungen auf ein schweres Fehlverhalten des Arbeitgebers zurückzuführen sein, können Angestellte in Frankreich die Auflösung ihres Arbeitsvertrags fordern, was einer Kündigung durch den Arbeitgeber gleichkommt.
In beiden Ländern können Gerichte zudem prüfen, ob der Arbeitgeber seinen rechtlichen Verpflichtungen, wie der Fürsorgepflicht, ausreichend nachgekommen ist.
Die Vermeidung von Burnout ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine Investition in die langfristige Leistungsfähigkeit und Motivation der Beschäftigten. Transparente Kommunikation, realistische Zielsetzungen und ein gesunder Umgang mit Stress und Arbeitszeit sind entscheidende Faktoren, um das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu sichern.
Mehr dazu:
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Nikolai Rabald
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