Anonymer Lebenslauf in Frankreich und Deutschland: Pro & Contra
Der anonyme Lebenslauf wurde in Frankreich im Jahr 2004 mit dem Ziel eingeführt, Bewerber einzig und allein anhand ihrer beruflichen Fähigkeiten zu bewerten und um eine eventuelle Diskriminierung im Bewerbungsprozess zu vermeiden. Ist die anonyme Bewerbung wirklich sinnvoll und inwiefern hat sie sich in beiden Ländern durchgesetzt? Hier eine kleine Retrospektive und ein Blick nach Deutschland.
2. Der anonyme Lebenslauf in Deutschland
3. Die Entwicklung der anonymen Bewerbung
Seit dem Gesetz von 2006 zur Chancengleichheit in Frankreich (loi pour l'égalité des chances) ist der anonyme Lebenslauf bei Einstellungen in Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern obligatorisch. Dieses Gesetz, das größere Unternehmen zur Nutzung des anonymen Lebenslaufs verpflichtet, besagt:
"Die Informationen, die in welcher Form auch immer von einem Bewerber für eine Stelle verlangt werden, dürfen nur dem Zweck dienen, seine Fähigkeit, die angebotene Stelle zu besetzen, oder seine beruflichen Kompetenzen zu beurteilen."
Die Verordnungen, die die Anwendungsmodalitäten der Pflicht zur Nutzung des anonymen Lebenslaufs festlegen sollten, wurden allerdings nicht publik gemacht, so dass Einstellungen auf dieser Grundlage immer noch selten sind. Man könnte sogar soweit gehen, dass sie mittlerweile in Vergessenheit geraten sind...
Die Meinungen über den Sinn einer anonymen Bewerbung gehen in Frankreich weiterhin auseinander:
Für die einen sollte bei der Auswahl der Bewerber die Anonymität bewahrt werden.
Für die anderen bleiben die verschiedenen Charakteristika (z.B. Herkunft, Nationalität, Religion) wichtig, denn sie können sich ihrer Meinung nach auch positiv auswirken.
Arbeitgeberverbände weisen sogar darauf hin, dass die Personalsuche durch anonyme Lebensläufe erschwert wird. Zusätzlich erklärt die Confédération des Petites et Moyennes Entreprises (CPME), dass eine anonyme Bewerbung nicht an die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen angepasst ist, da diese häufig über keine eigene Personalabteilung verfügen.
In Deutschland werden in klassischen Bewerbungsunterlagen ein Foto beigefügt, das Alter und das Geschlecht angegeben. In manchen Lebensläufen finden sich auch die Konfession, der Name der Eltern, deren Beruf, und - sofern vorhanden - die Namen der Geschwister. All diese Informationen könnten französischen Personalern ziemlich ungewöhnlich vorkommen...
In den Jahren 2010 und 2011 hatten fünf Unternehmen sowie drei öffentliche Einrichtungen aus Deutschland an einem Projekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) teilgenommen. In dessen Rahmen wurden von 246 von insgesamt 8600 Bewerbern, die sich anonym beworben haben, eingestellt.
Die Anonymität eines Lebenslaufes fördert die Chancengleichheit in der Arbeitswelt, weil sich so ein Arbeitgeber verstärkt auf die Kompetenzen der Bewerber konzentrieren kann. Laut Christine Lüders, ehemalige Leiterin der ADS, erhöht der anonyme Lebenslauf außerdem die Chancen für Immigranten enorm zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass in den vergangenen Jahren die sozialen Netzwerke die Tendenzen beim Recruiting dermaßen stark verändert haben, dass sich - weder in Deutschland noch in Frankreich - der anonyme Lebenslauf wirklich durchsetzen konnte.
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