Arbeiten in Frankreich: Voraussetzungen und Vorteile
Wer in Frankreich arbeiten möchte, sollte einige wichtige Bedingungen kennen: von Bewerbungsstandards und Diplomanerkennung über gefragte Berufe bis hin zu kulturellen Besonderheiten und Kinderbetreuung. Hier ist ein Überblick für Ihren erfolgreichen Berufseinstieg in Frankreich.
2. Die Besonderheiten der französischen Bewerbung
3. Die Bedeutung der Diplome und Wahl der Hochschule
4. Französische Jobanzeigen richtig entziffern
5. Interkulturelle Kompetenz ist unverzichtbar
6. Kinderbetreuung in Frankreich für Karriere vorteilhaft
In Frankreich zu arbeiten bringt viele Vorteile mit sich: Es gilt der gesetzliche Mindestlohn (SMIC), die Crèches bieten ganztägige Kinderbetreuung, und die Arbeitswoche ist auf 35 Stunden beschränkt.
Doch wer sich auf das Abenteuer Frankreich einlässt, sollte sehr gute Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenz mitbringen.
Deutsche können in Frankreich jede Tätigkeit annehmen, bis auf bestimmte Stellen im öffentlichen Dienst. Eine Aufenthaltserlaubnis (carte de séjour) ist für EU-Bürger nicht verpflichtend, wird aber teilweise von den französischen Arbeitgebern noch verlangt.
Wichtig sind für Auswanderungswillige die Sprachkenntnisse: Ein Deutschsprachiger mit minimalen Französischkenntnissen hat zwar Möglichkeiten, ist aber beruflich und sozial sehr eingeschränkt. Zwar lernen Franzosen während mehrerer Schuljahre Englisch und zum Teil auch Deutsch, bevorzugen aber grundsätzlich ihre Muttersprache.
Wer die Auswanderung nach Frankreich trotz fehlender Sprachkenntnisse wagen möchte, bewirbt sich am besten bei jungen Startup-Unternehmen. Diese sind internationaler ausgerichtet als traditionelle französische Unternehmen, integrieren Arbeitnehmer aus unterschiedlichen Ländern und sprechen häufiger Englisch.
Bei der französischen Bewerbung sind einige Unterschiede zu beachten: Während die Arbeitgeber in Deutschland komplette Bewerbungsunterlagen mit Zeugnissen sehen wollen, reicht französischen Firmen meist nur ein Anschreiben (lettre de motivation) sowie ein knapper Lebenslauf (Curriculum Vitae bzw. CV). Das bedeutet jedoch nicht, dass auf Diplome und Qualifikationen weniger Wert gelegt wird.
Dies wird in den französischen Stellenausschreibungen deutlich: Hier erkennt der Bewerber durch Angaben wie Bac +2, +3 oder +4, welche universitäre Qualifikation erwartet wird. Verlangt ein Arbeitgeber ein Bac +2 oder ein Bac+3, entspricht das etwa dem deutschen Bachelor-Studium.
Des Weiteren sollten deutsche Diplome nicht übersetzt werden. Das könnte Verwirrung stiften. Sicher gehen Sie, wenn Sie stattdessen eine Erklärung beilegen. Falls Sie einen reglementierten Beruf wie etwa Arzt oder Anwalt ausüben, müssen Sie den entsprechenden Behördengang durchlaufen.
Doch nicht nur die Länge des Studiums, auch die Wahl der Universität ist für französische Arbeitgeber wichtig. Möchte ein Abiturient einen Studienplatz an einer der renommierten französischen Elite-Universitäten ergattern, geht dies nur über das zwei- bis vierjährige Vorbereitungsstudium (classe préparatoire aux grandes écoles), die auf das selektive Auswahlverfahren der Grandes Écoles vorbereiten.
Erhält man mit etwas Glück nach dem concours den langersehnten Studienplatz, kann man hier meist bereits im dritten Semester einsteigen. Im Gegensatz zu anderen Unis sind die Grandes Ecoles spezialisierte Hochschulen. In der Regel unterrichten sie ein bestimmtes Fach oder eine Gruppe verwandter Fächer.
Das Fachstudium wird mit vielen allgemeinbildenden Elementen verbunden und fördert die Entwicklung der Persönlichkeit. Wer seinen Abschluss an einer der prestigereichen Grandes Ecoles macht, gilt als Nachwuchskraft der Führungselite in Staat, Wirtschaft und Kultur.
Hier sind die bekanntesten Grandes Ecoles:
- Ecole Normale Supérieure (ENS - PSL)
- Institut d'études politiques de Paris (Sciences Po)
- Ecole nationale supérieure des mines de Paris (Mines Paris - PSL)
- Académie militaire de Saint-Cyr (ESM Saint-Cyr)
- Ecole nationale supérieure des beaux-arts de Paris (ENSBA)
- Ecole nationale supérieure des arts décoratifs (ENSAD)
Nicht verzweifeln sollten Deutsche an den vielen Abkürzungen in Jobanzeigen: So steht CDI (Contrat à durée indéterminée) für eine unbefristete Stelle, oder CDD (Contrat à durée déterminée) für einen befristeten Arbeitsvertrag. Ist der Job in der IDF, geht es um einen Arbeitsplatz im Pariser Großraum Ile-de-France, PACA steht für Provence-Alpes-Côtes d'Azur (Südfrankreich).
Bewerber können mit einer schnellen Entscheidung rechnen, denn französische Unternehmen tendieren dazu, im letzten Moment zu suchen. So werden Bewerber in Frankreich in der Regel nur ein oder zwei Monate vor dem geplanten Stellenantritt gesucht. Je wichtiger jedoch die zu besetzende Stelle, desto länger kann das Verfahren dauern.
Klappt es mit der ersehnten Stelle, zeigen sich im Berufsalltag die historisch-kulturellen Besonderheiten im Nachbarland.
Jeder neue Arbeitnehmer sollte sich bewusst sein, dass er mit anderen Denk- und Arbeitsweisen konfrontiert wird. Neugier und Offenheit helfen, vom Reichtum dieser kulturellen Unterschiede zu profitieren. Standardisierte Dos and Don'ts sind mit Vorsicht zu genießen, doch ist es hilfreich, einige unterschiedliche Grundhaltungen bewusst wahrzunehmen.
Franzosen legen grundsätzlich viel Wert auf Innovation, Originalität, Herausforderungen, Bewunderung, Freiheit und Kreativität. Als deutsche Grundwerte gelten Sicherheit, Rentabilität, Perfektionismus, Qualität und Kontinuität.
Diese Eigenheiten prägen auch den Berufsalltag: Franzosen und Deutsche haben ein anderes Zeitverständnis, kommunizieren auf unterschiedliche Weise und finden anders zu Entscheidungen.
So folgt eine deutsche Besprechung normalerweise einer klaren Tagespunktordnung, während Franzosen gerne vom einem zum anderen Thema springen. Dies gilt als Ausdruck intellektueller Flexibilität. Diese Eigenschaft ist häufig Anforderung in französischen Stelleninseraten (souplesse).
Franzosen lesen häufig zwischen den Zeilen und regeln schwierige Themen bei einem Geschäftsessen. Deutschsprachige hingegen sind es sich gewohnt, eher knapp und direkt zu kommunizieren. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihre neuen Arbeitskollegen um den heißen Brei herumreden!
Auch Hierarchie wird von Deutschen und Franzosen unterschiedlich verstanden: Franzosen neigen zu mehr Autorität, was sich auch in der Beziehung zwischen Eltern und Kind sowie Schülern und Lehrer widerspiegelt. Deutsche dagegen setzen eher auf Konsens und Einbezug des Teams in der Entscheidungsfindung.
Dies drückt sich auf der Arbeit in unterschiedlichen Managementstilen aus. Wer interkulturell kompetent ist, weiß um diese kleinen, aber im persönlichen Miteinander sehr wichtigen Unterschiede.
Ein weiterer Vorteil in Frankreich sind die Kinderbetreuungsangebote, die es einfacher machen, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Die Schule findet ganztags statt. Auch wenn dies für die Kleinen eine Herausforderung darstellt, erlaubt dieses System den berufstätigen Eltern maximale Flexibilität. Schon ein Viertel aller Kinder ab zwei Jahren und praktisch alle Drei- bis Fünf-Jährigen gehen nach Angaben des französischen Bildungsministeriums in die Vorschule (école maternelle).
Für die Kleinsten gibt es verschiedene Angebote für Krippen und individuelle Betreuung. Die sogenannten nounous betreuen die Kinder entweder im eigenen Zuhause oder in der Wohnung der Tagesmutter.
In größeren Städten werden auch zweisprachige Krippen und Schulen angeboten. Für deutschsprachige Familien eine interessante Option, um die Muttersprache weiterhin zu pflegen.
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Olivier Geslin