Grenzüberschreitendes Marketing für Frankreich: Tipps und vermeidbare Fehler
In seinen Grundzügen mag Marketing auf der ganzen Welt gleich funktionieren, schließlich richtet es sich ja immer an Menschen. Doch täuschen Sie sich bitte nicht: Nur, weil die grundsätzlichen Mechanismen grenzüberschreitend sind, bedeutet das keineswegs, Sie könnten als Deutschland-erfahrener Marketer 1:1 alles auf Frankreich umlegen, was in der Bundesrepublik funktioniert. Erfahren Sie hier, was Sie rund um das "französische Marketing" kennen, beachten und vermeiden sollten.
2. Beweisen Sie sprachliche Exzellenz
3. Meiden Sie sämtliche Frankreich-Klischees
4. Achten Sie auf die kleinen Details
5. Pflegen Sie die Kunst des Indirekten auch in der Werbung
6. Beachten Sie stets Frankreichs regionale Unterschiede
Ganz gleich, ob Sie als Marketing-Spezialist in Deutschland arbeiten, aber einen französischen Markt bedienen möchten, oder ob Sie als klassischer Expat bei einem französischen Unternehmen angestellt sind: Was das Thema Marketing anbelangt, können zwischen Deutschland und Frankreich nicht nur sprichwörtlich Welten liegen.
Natürlich, beide Nationen teilen sich eine gemeinsame Grenze und Währung, gehören zum europäischen Kulturraum und spielen eine zentrale Rolle innerhalb der EU. Das heißt, es gibt gewisse Schnittmengen von Marketing-Belangen, die in beiden Nationen gleichermaßen funktionieren.
Allerdings würde es mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit fatal ausgehen, einfach das, was nach Ihrer Erfahrung in Deutschland funktioniert, ins Französische zu übersetzen und es dann dabei zu belassen. Schon mehrere Firmen machten in der Vergangenheit Ähnliches und erlitten dadurch mit einer Kampagne kapitalen Schiffbruch.
Denn:
1. Selbst in einer zutiefst globalisierten Welt haben sich weite Teile der französischen Bevölkerung eine starke kulturelle Identität bewahrt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in den unterschiedlichen Führungsstilen.
2. Das Französische als romantische Sprache unterscheidet sich zum Teil massiv von nicht-romanischen Sprachen. Das macht es teils unmöglich, den Sinn von Wörtern, Phrasen oder ganzen Sätzen aus anderen Sprachen zu transkribieren.
3. Vieles, was zur nonverbalen bzw. nicht auf das geschriebene und gesprochene Wort bauenden Kommunikation gehört, ist ebenfalls teils sehr unterschiedlich. Beispielsweise gibt es bei der Interpretation von Farben einige signifikante Differenzen zwischen Deutschen und Franzosen. Ähnliches gilt bei Formen und komplexeren Symbolen.
Einfach gesprochen: Was das Marketing-Thema anbelangt, sollten Sie für eine französische Zielgruppe:
alles ad acta legen oder wenigstens mit großer Skepsis betrachten, was in Deutschland funktioniert
lernen, Ihrer auf Deutschland ausgerichteten Erfahrung ein gutes Stück weit zu misstrauen
das gesamte Marketing gezielt auf Frankreich ausrichten
Das heißt, wir sprechen hier nicht einfach nur von einzelnen Werbekampagnen, die den französischen sprachlich-kulturellen Eigenheiten entsprechen müssen. Die Herausforderung ist viel größer.
Stichwort Corporate Design: Hierbei kann es durchaus nötig sein, die gesamten Bausteine eines stimmigen Gesamtkonzepts neu zu erstellen, um ein Corporate Design zu erschaffen, das französischen Geschmäckern entspricht. Mitunter kann es sogar nötig sein, dafür Produkt- und Firmennamen anzupassen.
Eine gesprochene oder geschriebene Sprache ist nicht nur ein machtvolles Werkzeug im Marketing. Sie ist ebenso ein signifikanter Teil kultureller Eigenständigkeit. Dadurch kann sie Ihre Bestrebungen sowohl fördern als auch kolossal scheitern lassen.
An dieser Stelle ein eindrückliches Beispiel für letzteres. Einst verkaufte Toyota seinen Roadster MR2 auch in Frankreich unter diesem internationalen Namen, und handelte sich sehr schnell Spott ein. Denn sobald die beiden Buchstaben und die Ziffer französisch und zusammenhängend ausgesprochen werden (ɛm ɛʀ ˈdø bzw. mɛʀdø), entstehen je nach Betonung zwei Wörter: Merde (Scheiße) und Merdeux (Rotzlöffel). Das ist der Hauptgrund dafür, warum der zweisitzige Roadster in frankophonen Ländern rasch nur noch als MR verkauft wurde.
Sie können derartige Peinlichkeiten durch folgende Schritte vermeiden:
Übersetzen Sie niemals etwas einfach so ins Französische.
Gestalten Sie Wörter, Slogans usw. nur dann, wenn Sie absolut verhandlungsfest französisch sprechen.
Seien Sie im Höchstmaß vorsichtig bei der Verwendung digitaler Übersetzer.
Doch die wichtigste Regel lautet: Lassen Sie alles von französischen Kollegen nochmals überprüfen; selbst bevor Sie es nur innerhalb der Firma veröffentlichen. Das gilt sogar dann, wenn Ihr Französisch bereits durch jahrelange Erfahrung vertieft wurde.
Marketing dient zwar dem Zweck, bei der Zielgruppe ein ganz gezieltes Bild oder Image zu erschaffen. Damit das jedoch funktioniert, ist es oft genug nötig, dieses Bild auf eine Weise zu kreieren, wie Kunden es erwarten. Wohl kein Marketer käme beispielsweise auf die Idee, einen Werbespot für einen Schokoriegel in einer Kneipe spielen zu lassen. Schlicht, weil die allermeisten Menschen mit einer solchen Umgebung viel eher herzhafte Genüsse verbinden.
Das bedeutet, manchmal benötigt Marketing gewisse Klischees, weil diese in den Köpfen der Zielgruppe fest verankert sind. Allerdings findet diese Tatsache eine sehr scharfe Grenze dort, wo es um kulturelle, respektive bevölkerungsspezifische Klischees geht.
Diesbezüglich sollten Sie alles vergessen, was Sie jemals von außen über Frankreich und Franzosen gelernt haben:
1. Dabei handelt es sich stets um Dinge, die nichtfranzösische Menschen ansprechen. Ganz gleich, wie positiv Frankreich darin dargestellt wird.
2. Die Klischees richten sich explizit an Personen, die Frankreich nicht sehr viel näher kennen.
3. Viele Franzosen würden sich durch solche Klischees je nach Art gar nicht angesprochen oder sogar gekränkt fühlen.
Daher bitte: Egal ob Wein, Baguette, Baskenmütze, Tour Eiffel oder andere internationale Klischees über Frankreich... diese haben im Marketing aus und für Frankreich nichts verloren.
Die Wirtschaftswelt ist heute globalisiert. Doch Sie als Marketer oder Privatperson haben vielleicht schon selbst erlebt, wie schnell sich eine an sich gute Bestrebung als oberflächlich entpuppt, wenn sie sich bei den Details Blößen gibt.
Nehmen wir etwa die Schreibweise von Adressen. Als Deutscher sind Sie es gewohnt, den Namen der Straße vor die Hausnummer zu setzen. Im Französischen (und einigen anderen Sprachen) steht jedoch die Hausnummer stets zuerst. Ähnliches bei den Telefonnummern: Werden sie in Frankreich ausgeschrieben, gibt es keine visuelle Trennung zwischen Vorwahl und eigentlicher Nummer.
Es gibt viele solcher Beispiele. Stets mögen es zwar augenscheinlich nur Kleinigkeiten sein, immer werden sie jedoch einem Franzosen ins Auge stechen, wenn sie nicht korrekt umgesetzt werden. Das mag auf Sie vielleicht wie vernachlässigbare Detailverliebtheit wirken, tatsächlich sind aber gerade diese kleinen Dinge oftmals besonders wichtig, um das im Marketing so unverzichtbare Vertrauen herzustellen.
Einer der größten und bekanntesten Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen ist die Direktheit in der Kommunikation. Sie als Deutscher sind es höchstwahrscheinlich gewohnt, im Privaten wie im Geschäftlichen und sowohl bei Lob als auch Kritik unmissverständlich und geradlinig auf den Punkt zu kommen. Aus diesem Grund sehen Sie in deutschen Werbekampagnen exakt diese Vorgehensweise.
Diese Kommunikationsform ist jedoch für die meisten Franzosen viel zu direkt. Hier, wo die Sprache mit feinen Nuancierungen arbeitet und stets einen indirekteren Weg geht... In diesem Land wirkt die "deutsche Methode" deshalb, je nach Art der Botschaft, unnötig schroff bis regelrecht beleidigend.
Viele deutsche Marketer machen den Fehler, diesen Unterschied lediglich bei der persönlichen Kommunikation zu beherzigen, nur um beim Marketing dann wieder "teutonisch geradeheraus" zu agieren. Just das ist falsch. Diese Kunst des Indirekten wird in Frankreich auf sämtlichen kommunikativen Ebenen gepflegt. Ihre Regeln gelten deshalb 1:1 bis in jede Werbekampagne hinein.
Frankreich kann durch seine zentralstaatliche Ausrichtung ohne echte Bundesländer (nach deutscher Prägung) recht monolithisch wirken. Gerade als Expat in diesem Land kann Ihnen dadurch rasch ein folgenschwerer Fehler unterlaufen: Sie könnten in Marketing-Belangen dazu tendieren, alle Franzosen über einen Kamm zu scheren, respektive die teils tiefgreifenden regionalen Unterschiede zu vernachlässigen.
In der Folge geschähe das Gleiche, wenn Sie eine für ganz Deutschland ausgerichtete Werbekampagne mit lauter oberbayrischen Versatzstücken füllen würden: Weite Teile der Zielgruppe dürften sich nicht angesprochen fühlen, und andere durch die dargestellten Klischees negativ reagieren.
Es gibt in der Tat verschiedene Elemente, die Nord- und Südfranzosen, Bewohner der Provence und der Normandie oder der Île-de-France miteinander verbinden. Allerdings gilt das längst nicht universell.
Gerade wenn Sie in Frankreich als Marketer erfolgreich sind, sollten Sie viel Zeit in ihre persönliche französische kulturelle Bildung investieren. Ihre Zielgruppe mag zwar immer aus Franzosen bestehen, doch - je nach Produkt und Art der Kampagne - kann es einen gewaltigen Unterschied machen, wo genau diese Franzosen leben und aufgewachsen sind.
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