Das Diplom bei der Jobsuche in Frankreich verliert an Bedeutung
Absolventinnen und Absolventen französischer Grandes Écoles haben bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und dementsprechend auch bessere Zukunftsperspektiven. Allerdings scheint der Hochschulabschluss in Frankreich langsam an Bedeutung zu verlieren. Wir untersuchen dieses Phänomen und erklären Ihnen warum soziale Kompetenzen in Frankreich immer wichtiger werden.
2. Wichtigkeit der Grandes Écoles und der Universitäten
3. Französische Unternehmen bevorzugen eher Kompetenzen
4. Kriterien und Methoden bei der Einstellung in Frankreich
5. Der Ausbildungs-Boom in Frankreich
6. Aktuelle Personalmanagement-Strategie in Frankreich
7. Angebote, um ohne Diplom in Frankreich zu arbeiten
In Frankreich ist das Bildungsniveau stark mit dem Lebensstandard korreliert. Der Hochschulabschluss bleibt der sicherste Weg, um einen akzeptablen sozialen Status und die berufliche Mobilität zu gewährleisten. In der französischen Gesellschaft ist der Erfolg eng mit dem Bildungsstatus verbunden. Diese Prägnanz ist eine französische Besonderheit.
In modernen Ländern, die die Aristokratie und die Klassengesellschaft abgeschafft haben, musste ein neues Kriterium für die Verteilung von Arbeitsplätzen eingeführt werden, nämlich das akademische Verdienst. Heißt: Wer gut in der Schule ist, der bekommt später garantiert seinen Platz. So ist eine gewisse Notwendigkeit für den Abschluss entstanden.
Die Ausstrahlung einiger namhafter Grandes Écoles und Universitäten motiviert junge Leute dazu, höhere Abschlüsse in diesen akademischen Einrichtungen anzustreben.
Beispielsweise ist ses französischen Recruitern sehr wichtig, wo der Bewerber studiert hat. Außerdem hat das Bildungssystem großen Einfluss auf die Arbeitsmethoden.
In Frankreich ist der Erfolg in der Sekundarstufe entscheidend für die berufliche Zukunft, denn im Gegensatz zu den nordischen Ländern oder Deutschland, gibt es für Jugendliche, die von der Schule abgehen, sehr wenige Weiterbildungsmöglichkeiten, um wieder auf Kurs zu kommen.
Das Diplom hat seinen Wert in Frankreich nicht ganz verloren, doch die Arbeitswelt ändert sich kontinuierlich.
Hochschulabschlüsse sind zwar in einer französischen Bewerbung weiterhin von Vorteil, stellen allerdings kein entscheidendes Kriterium bei der Einstellung von Mitarbeitern dar. In unserer schnelllebigen Arbeitswelt kommt es immer mehr auf soziale Kompetenzen und Lernfähigkeit an.
Wichtigkeit der Soft-Skills in Frankreich
Eine Studie des US-amerikanischen Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC über die Kultur der Innovation in der Wirtschaft zeigt, dass das Diplom für Personalvermittler immer unwichtiger wird.
Zum Beispiel legen Personaler in Frankreich den Fokus bei der Auswahl der Kandidaten in erster Linie auf folgende Kriterien: Kompetenzen (60 %) und Lösung von Konflikten (36 %). Das Diplom spielt lediglich zu 32 % des Auswahlprozesses eine Rolle. In anderen europäischen Ländern wird der Hochschulabschluss zu 41 % der Auswahl-Prozedur berücksichtigt.
Dementsprechend sind Soft-Skills von besonderem Interesse für Arbeitgeber und werden von ihnen wichtiger als technische Fähigkeiten betrachtet. Diplom-Träger gibt es viele. Anpassungsfähigkeit, Autonomie, Konfliktfähigkeit etc. können allerdings nicht alle nachweisen. Die Fertigkeiten sollten also deutlich im Lebenslauf hervorgehoben werden.
Der aktuelle Arbeitsmarkt in Frankreich zwingt Arbeitgeber umzudenken und ihre Rekrutierungsstrategien anzupassen, um Bewerber mit den gewünschten Soft-Skills ausfindig zu machen. Potentielle Kandidaten können anhand von klassischen Vorstellungsgesprächen in der Regel nicht identifiziert werden, weswegen moderne Interviewmethoden integriert werden müssen.
Der amerikanische Anbieter von Lern- und Talentmanagement-Lösungen Cornerstone onDemand bietet hochwertige Recruiting-Tools, die auf Schlüsselfertigkeiten basieren. Dazu gehören unter anderem automatisierte Fragen zur Verhaltensweise, realistische Stellenbeschreibungen sowie Interviewleitfäden für die Personaler.
Andere Recruiter setzen lieber auf flexiblere Methoden, wie etwa Validierung von erlernten Fähigkeiten, Arbeitssimulationen, E-Learning, Mikrotraining und Recrutainment.
Um den sozialen Determinismus in Bildungsfragen umzugehen und den Kurswechsel der Unternehmen, die nun mehr Wert auf Kompetenzen legen, zu unterstützen, arbeitet die französische Regierung an mehreren Projekten, die einen allgemeineren Zugang zur Ausbildung ermöglichen sollen. Ziel ist es, den Zugang zum Erwerb neuer Fähigkeiten und das Image von Ausbildungsberufen zu fördern.
Das gestartete Berufsbildungsreformprojekt scheint in die richtige Richtung zu gehen.
Frankreich fördert das Ausbildungswesen
Das Compte Personnel de Formation (CPF) ist ein individuelles Konto, mit dem Sie während Ihrer gesamten Laufbahn berufliche Weiterbildungsrechte sammeln können. Dabei haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre gewünschte Ausbildung auszuwählen. Das Konto wird in Euro gutgeschrieben. Das CPF hatte den Droit Individuel à la Formation (DIF) abgelöst.
Die alte Admission-Post-Bac-Plattform wurde durch das Parcoursup-Portal ersetzt, und zwar um den Zugang zur Universität zu vereinfachen. Die Webanwendung zielt darauf ab, Abiturienten besser zu orientieren und ihre Integration in den Hochschulen zu unterstützen. Zu den angebotenen Diensten gehört unter anderem die personalisierte pädagogische Unterstützung, um die Ausfallrate im ersten Studienjahr zu reduzieren.
Die Reformen der französischen Regierung sind ein Beweis dafür, dass Frankreich den lokalen Arbeitsmarkt mit hochqualifizierten Arbeitskräften und nicht nur Uni-Absolventen versorgen will.
Die Änderungen der Arbeits- und Ausbildungsmaßnahmen haben die Spielregeln am Arbeitsplatz grundlegend verändert. Das Personalmanagement muss sich diesem Kontext weiter anpassen und die Einstellungskriterien überdenken. Unternehmen benötigen eben nicht nur Diplome, sondern auch Fähigkeiten.
Den Arbeitgebern stehen dabei zwei Optionen zur Auswahl:
Überprüfen (anhand moderner Kriterien und Mittel), ob der Kandidat die gewünschte Kompetenz mitbringt.
Eine neue Ausbildungspolitik einführen. Dazu gehört die Abschaffung des jährlichen Ausbildungsplans und die Einführung von Methoden, die die Kompetenzsteigerung vorantreiben, wie etwa die offenen Massen-Online-Kurse (auch MOOC genannt).
Einige Unternehmen stellen mittlerweile massenweise gering qualifizierte Mitarbeiter ein und konzentrieren sich auf interne Schulungen, um die Defizite auszugleichen.
Initiativen wie die gemeinnützige und unterrichtsfreie Computerprogrammierschule 42 oder die kostenlose E-Commerce-Schule von Showroomprivé.com wollen beweisen, dass auch Jugendliche ohne Hochschulabschlüsse eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Diese Einrichtungen haben weder Alters- noch Diplom- oder Qualifikationsvoraussetzungen. Sie plädieren für eine für alle zugängliche professionelle und kollaborative Ausbildung.
Xavier Niel, Mitgründer von 42, erklärt:
"Das französische System funktioniert heute nicht mehr. Es ist einerseits zwischen der Universität eingezwängt, die eine kostenlose Ausbildung anbietet und nicht immer an die Bedürfnisse der Unternehmen angepasst ist und andererseits den teuren Privathochschulen, deren Bildung zwar von Qualität ist, welche aber eine große Anzahl von Talenten und Genies vernachlässigt."
Das Diplom ist auch für viele internationale Unternehmen fakultativ geworden. Die Business-Evaluator-Website Glassdoor hat eine Liste von 15 Unternehmen veröffentlicht, in denen es möglich ist, sich ohne Abschluss zu bewerben. Auf der Liste befinden sich renommierte IT-Konzerne wie etwa Google, IBM und Apple.
Fazit: Auch wenn das Diplom immer mehr an Bedeutung verloren hat, bleibt es dennoch weiterhin ein wichtiges Einstellungskriterium. In unserer sich wandelnden Welt tritt aber die Praxis langsam an die Stelle von Theorie. Ob eine Person zum Unternehmen passt, hängt nicht mehr alleine vom Diplom ab.
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